Dr. Matthias Burchardt, Anthropologe und Bildungsphilosoph, zeigt Wege zum Ausstieg aus der Doublebind-Kommunikation in der Coronademokratie.
Nehmen wir einmal – rein hypothetisch – an, die Pandemie wäre tatsächlich brandgefährlich. Nehmen wir weiterhin an, die Politiker wären ausschließlich von den edelsten Motiven beseelt und von den qualifiziertesten Wissenschaftlern beraten. Unter diesen Voraussetzungen wären die negativen Begleitumstände unserer Rettung (Niedergang der Ökonomie, Einschränkung von Grundrechten, Zerfall der öffentlichen Kultur, Spaltung der Gesellschaft, Überwachung und Kontrolle, Zensur) schlichtweg notwendige Übel. »Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Der Zweck heiligt die Mittel. Wer A sagt, muss auch B sagen.« Doch stimmt das wirklich? Ist in Pandemiezeiten, falls wir denn in solchen leben sollten, wirklich alles gestattet, wenn es denn dem nackten Überleben dient? Was wäre, wenn wir nicht trotz, sondern aufgrund der Fürsorge des Staates Schaden nehmen würden? Zeichnet sich hier nicht ein bedenkliches Missverhältnis zwischen dem potenziellen Risiko der Pandemie und der realen Schädigung durch die Maßnahmen ab? Ein ungewisser, möglicher Schaden einer einzelnen Gruppe der Gesellschaft (Risikopatienten) wird abgewendet zum Preis eines manifesten, wirklichen Schadens aller Mitglieder des Gemeinwesens. Sicherlich ist es zynisch, Leid und Schaden gegeneinander aufzurechnen. Aber genauso zynisch ist, auf diese Abwägungen zu verzichten. Zumal man sich damit auch der Option beraubt, nach Lösungen zu suchen, die beiden Seiten gerecht werden. Die Statistiken des Monats Dezember zeigen, dass die meisten Todesfälle tragischerweise in den Altersheimen zu beklagen waren. Wie sinnvoll, angemessen, effektiv war also die Fürsorge des Staates in Form der verschiedenen Lockdown-Varianten gegen Jahresende wirklich?
Ich möchte aber auf einen anderen Punkt hinaus: Welchen seelischen Schaden richtet die öffentliche Kommunikation an? Die Seelen aller Menschen haben sich verdüstert, egal, ob sie den Maßnahmen zustimmend oder ablehnend gegenüberstehen. Dies mag mit der objektiven Lage zusammenhängen. Es ist mit Sicherheit aber auch eine Folge der öffentlichen und medialen Kommunikation, die eine zerstörerische Mehrdeutigkeit in die Seelen der Menschen spült. Einfaches Beispiel: Die menschelnde Abschiedsformel »Bleiben Sie gesund!«. Sie dröhnt aus den Lautsprechern in öffentlichen Verkehrsmitteln, springt uns von Plakaten mit Verhaltensanweisungen entgegen und hat auch den Weg in die private Kommunikation gefunden. Auf den ersten Blick bringt sie – im Sinne eines guten Wunsches – die Fürsorge um mein Wohlergehen zum Ausdruck. Dem widerspricht allerdings der Imperativ, also die Befehlsform. Gesundsein wird als Appell an mich herangetragen: »Wehe, Du wirst krank! Tue bloß alles dafür, dass Du gesund bleibst.«, lautet der kategorische Imperativ der Coronazeiten, so als sei Gesundheit der Ausgang aus der selbstverschuldeten Infizierbarkeit.
Wie also muss ich den Satz »Bleiben Sie gesund!« denn jetzt verstehen? Als Botschaft menschlicher Wärme und Fürsorge oder als Drohung eines sozialen Ausschlusses: »Wenn Du nur das kleinste Anzeichen von Krankheit zeigst oder einen positiven Test haben solltest, werden wir Dich in die Kälte der Quarantäne sperren!«
Psychologen bezeichnen diese kommunikative Irritation widerstreitender Botschaften als »double bind«. Sie kann im Umgang mit Schutzbefohlenen verheerende Auswirkungen auf die seelische Entwicklung haben.
»Mutti schlägt Dich doch nur, weil sie Dich so liebhat.«
Der offensichtliche Widerspruch wendet sich gegen die Schwachen selbst, denen es obliegt mit der Unauflöslichkeit der Doppelbotschaft klarzukommen, ohne die Situation verlassen zu können. Die Folgen sind fatal: Sie führen zur Unterwerfung unter eine Autorität oder die bedingungslose Anpassung an die Erwartungshaltung der sozialen Umgebung bis zur Preisgabe der eigenen Identität. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass »Double Binding« auch in Lagern der politischen Umerziehung zum Einsatz kam.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Hier wird nicht behauptet, dass das Corona-Regime als Umerziehungsmodell absichtsvoll geplant und durchgeführt wurde. Mir geht es lediglich um eine Strukturparallele: Das Leben im Schatten der Maßnahmen gleicht in bestimmten Hinsichten der Situation einer Umerziehung mit allen damit verbundenen seelischen Schädigungen. Dieser Hinweis soll den Verantwortlichen, die es – gemäß der Grundannahme – vermutlich gut mit uns meinen, die Gelegenheit geben, ihr Handeln und Sprechen so zu korrigieren, dass sich die Fürsorge nicht mehr wie eine Vergewaltigung anfühlt. Dadurch könnte zumindest der seelische Schaden der Menschen in diesen Monaten abgemildert werden. Denn die Formel: »Bleiben Sie gesund!« war nur ein Beispiel. Rainer Mausfeld beschäftigt sich in seinem Aufsatz zu den Techniken der weißen Folter (2009) mit den Studien Albert Bidermans, der in den 50er Jahren erforscht hat, wie man den Willen von Menschen brechen kann. Der Folterbericht von Amnesty International bringt es auf den Punkt (S. 53):
»The victim is trapped in a situation in which the stresses are manipulated so as constantly to frustrate this need to behave in a consistent, learned, personal behaviour pattern and in accordance with an esteemed self-image —both of which are necessary for the protection of basic self-identity.«
Zu deutsch: »Das Opfer ist in einer Situation gefangen, in der die Belastungen so manipuliert werden, dass dieses Bedürfnis, sich in einem konsistenten, erlernten, persönlichen Verhaltensmuster und in Übereinstimmung mit einem wertgeschätztem Selbstbild zu verhalten, ständig frustriert wird – beides ist notwendig für den Schutz der grundlegenden Selbstidentität.«
Die angewandten Techniken (sinngemäß übersetzt und kommentierend wiedergegeben) weisen bestürzende Ähnlichkeiten mit dem Leben unter Lockdownbedingungen auf:
Es bleibt jedem selbst überlassen, sein Leben im Jahr 2020 auf Parallelen und Unterschiede hin abzuklopfen. An Beispielen wird es vermutlich nicht mangeln. Im Unterschied zu den Insassen eines Umerziehungslagers haben wir in einer Demokratie ja zum Glück die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen unserer politischen Existenz selbst zu bestimmen. Dies kann darin bestehen, dass man die Mandatsträger darauf aufmerksam macht, dass ein Staat auch unter Pandemiebedingungen kein Umerziehungslager werden darf. Sollte dies auf dem Wege der Einsicht nicht fruchten, besteht die Möglichkeit der gepflegten demokratischen Auseinandersetzung bis hin zur Abwahl der verantwortlichen Akteure. Da dies noch einige Zeit in Anspruch nehmen kann, gibt die Liste Bidermans zumindest einige Anhaltspunkte, wie man seine Identität auch unter den misslichen – und womöglich unbeabsichtigten – Beeinträchtigungen durch die Coronamaßnahmen aufrecht erhalten kann:
Am 04.01.2021 erschienen unter:
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